Om!!!! Klang, Rhythmus und Stille in Ayurveda
Die ersten Töne hören wir schon vor der Geburt: den Herzschlag und der Atem der Mutter sowie das Blut, das durch die Adern rauscht. Bei der Geburt begrüßen wir die Welt mit einem Schrei, unser erster eigener Ton! Kurz darauf, in der Stillzeit, werden unsere Grundbedürfnisse nach Kontakt, Nahrung, Schlaf und Anregung ge-„stillt“. Heute weiß man: Diese wichtige Zeit des Angenommen- und Getragen-Werdens ist entscheidend für die weitere Entwicklung des Gehirns, des Urvertrauens und des Selbstempfindens.
Wann bin ich gesund?
Gesundheit im Ayurveda wird mit „Svastha“ bezeichnet, dem "im Selbst gegründet-Sein“. Um Urvertrauen und Gesundheit zu erhalten oder wiederherzustellen wird neben Meditation und Yoga, Massage, Reinigungsverfahren und Kräuter auch Klang und Musik genutzt.
Schwingungen spielen dabei eine wichtige Rolle. Gemäß Ayurveda hat jedes Ding und jedes Lebewesen eine eigene Schwingungsfrequenz. Schwingen Zellen und Gewebe im Eigenklang, so fließen die Energien im Körper frei und ungehindert, und der Mensch lebt in Gesundheit und Wohlbefinden.
Urklänge und Mantras
In der vedischen Urklangtherapie werden Klänge wie der Herzschlag, der Wind, Regentropfen oder Wellenrauschen in Verbindung mit Wortsilben oder Wörtern zur Meditation genutzt.
Die Begründer der indischen Spiritualität und des Hinduismus, die Rishis, haben vor Tausenden von Jahren die Klänge der Natur in Worte gefasst und diese an ihre Schüler weitergegeben. Zum Beispiel das Mantra “Om”, auch Klang der Sonne oder kosmischer Urlaut genannt. Später kam das Wiederholen von Gottesnamen und Gebeten dazu.
In der klassischen Mantra-Meditation wird ein Mantra von einem Lehrer an einen Schüler gegeben. Wiederholt dieser bewußt und mit Hingabe „sein“ Mantra, kann die Wirkung tiefgreifend sein. Durch die ständige Wiederholung in einem bestimmten Rhythmus entstehen Klang-Schwingungen und heilsame Energien die Körper und die Seele durchdringen.
Und Musik?
Musik wirkt, das ist wissenschaftlich erwiesen.
In der indischen Musik sind es die Ragas deren verschiedene Intervalle eine bestimmte Wirkung beinhalten. Aus ihnen erwachsen Melodien und Kompositionen, die verschiedenen Tages- und Jahreszeiten, Witterungsverhältnissen und Doshas gewidmet sind. Sie haben harmonisierende und ordnende Einflüsse, die persönlich oder durch das Fühlen der Doshas in der ayurvedischen Pulsdiagnose wahrgenommen werden.
Auch das Chanten (Singen) nutzt die auf Resonanz beruhend Wirkung. Beim Chanten verlagert sich die Aufmerksamkeit vom Kopf zum Herz, dorthin, wo wir den Raum des Urvertrauens und des Selbst spüren.
Dazu braucht es nicht zwingend Sanskrit-Wörter. Aber da Sanskrit die Muttersprache vieler moderner Sprachen ist, ist sie auch ein Punkt linguistischer Einheit: Sanskrit-Klänge wie „Mmm” und “Ah” aus dem „Om“ oder “Shhh” vermitteln Bedeutungen, denen Babys auf der ganzen Welt vertrauen. Sie lösen ein Gefühl der Einheit, des Wohlbefindens und der Zeitlosigkeit aus.
Einsatz in der Yogatherapie
Klang spielt auch in der Yogatherapie eine große Rolle, wo klassische Yoga-Asanas und Pranayamas auf bestimmte Krankheitsbilder anwendet werden, ebenso so wie Töne und Mantras. Sie sind mächtige Tools für das Selbstbewusstsein und die Beständigkeit des Geistes. Neben den energetischen und physiologischen Effekten wie Erdung, Kühlung oder das Spenden von Energie, werden nachweislich emotionalen und kognitive Veränderungen ermöglicht.
Ein paar Beispiele:
Asanas werden beim Ausatmen mit Tönen wie „Mmm“, „Sss“ oder „Fff“, Bija-Mantren wie „Ha“, „Om“ oder Mantras wie „Namaha“ (ich gebe mich hin) begleitet. Als Anker und um den Geist zu beruhigen, die Ausatmung zu verlängern oder Anspannung zu reduzieren
Brahmari, eine Pranayama-Technik, bei der die Ausatmung dem Summen einer Biene gleicht, wird bei der Behandlung von Erkrankungen wie Depression, Burnout oder Angststörungen eingesetzt
Shitali und Sitkari, zwei artverwandte Techniken, nutzen einen zischenden Laut bei der Einatmung, um Harmonisierung und Kühlung z.B. bei Hitzewallungen zu erreichen.
Garantiert ohne Nebenwirkung
Der Einsatz von Klang und Stille kommt ohne schädliche Nebenwirkungen aus und wird vor allem in Feldern wie Intensivmedizin, Neurorehabilitation, Neonatologie oder Geriatrie erfolgreich eingesetzt. Also in Bereichen, in denen sich die betroffenen Personen oft nur nonverbal mitteilen können.
Auch bei Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems, bei Krebstherapien oder zur Durchführung von Operationen wirkt sich der Einsatz von Klang positiv aus. Oftmals kann dadurch die Dosierung von Medikamenten wie Schmerzmittel, Sedativa oder Anästhetika verringert werden.
Je nach Rhythmus und Stil wirken Töne beruhigend oder beschwingend auf das Herz-Kreislaufsystem. Der Kortisolspiegel sinkt, die Thymusdrüse wird angeregt …
Die Kraft der Stille
Die Wirkung von Klang entsteht dabei immer im Zusammenspiel mit Stille. Die Stille ist nicht „nichts“, sondern der Raum, in dem Töne nachwirken und ein Raum, in dem Neues entstehen kann. Ein kraftvoller Raum der Kreativität und des Urvertrauens.